Der Neubau für das Haus St. Martin liegt im Plan – im Dezember ist der Umzug vorgesehen
Am 2. April sollte eigentlich Richtfest gefeiert werden. Das findet wegen der Corona-Pandemie nicht statt. Doch schreiten die Bauarbeiten für das neue Haus St. Martin auch in dieser Zeit gut voran. Schon lange vor dem Umzug sind die Wohnbereiche entsprechend der künftigen Struktur neu organisiert. Und der Haustechniker ist glücklich darüber, dass er nun weiß, welches Kabel in welcher Wand liegt.
Überall sind Bauarbeiter zu sehen. Sie schleppen, bohren und hämmern. Der Rohbau ist fertig. Jetzt geht es an die Innenarbeiten. Wenn alles gut läuft – und danach sieht es derzeit aus – ziehen die 80 Bewohnerinnen und Bewohner Ende dieses Jahres ein.
Haustechniker Michal Lüdtke ist regelmäßig im Rohbau unterwegs. Wenn er auf die Pläne schaut, ist er in seinem Element. Seit 15 Jahren arbeitet der gelernte Anlagenmechaniker für Sanitär- und Heizungstechnik bereits im Haus St. Martin. In dem Altbau hat er so manche Überraschung erlebt. Jetzt beobachtet er Tag für Tag, wie der Neubau entsteht: „Es macht riesig viel Freude, das Gebäude wachsen zu sehen und mit zu betreuen.“
Die Musterzimmer werden schon eingerichtet
Aktuell werden drei Musterzimmer eingerichtet. „Und da haben wir noch bei so manchem Detail Einfluss genommen“, verrät der Haustechniker, als er mit Arbeitshose und Helm in dem breiten Flur des Rohbaus vor den Plänen steht. Die enthalten zahllose Details zu Wandstärken, Rohrverlegungen, Kabelverläufen, Strom- und Wasseranschlüssen. Da ist es nicht einfach, den Durchblick zu behalten.
Umso mehr schätzt Lüdtke die Unterstützung von Christoph Höller, der seit Sommer 2019 die neu geschaffene Stabsstelle Bauwesen für die Objekte und Liegenschaften der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel sowie ihrer Einrichtungen und Dienste leitet: „Das ist für uns schon eine große Erleichterung.“ Beispielsweise würden die Griffe und der Taster für den Notruf in den barrierefreien Badezimmern jetzt anders angeordnet. „Es gibt so viele Kleinigkeiten, auf die man achten muss. Die bringen wir dann bei den Bau- und Techniksitzungen ein. Die Erfahrungen unseres Pflegepersonals sind dafür sehr wertvoll“, sagt der Haustechniker. Ein Architekt habe die nicht.
Und mit Freude sieht Michael Lüdtke, dass alle Kabel von den Schaltern und Steckdosen aus senkrecht nach oben gehen und nur in rechten Winkeln die Richtung wechseln. „In dem Altbau war das nicht immer so. Wenn hier künftig jemand ein Regal anbringen will, weiß ich genau, wo ich bohren darf und wo nicht. Hier sind Elektrik, Heizungs- und Klimatechnik auf modernstem Stand.“
Dass die Baufirmen saubere Arbeit abliefern, beobachtet auch Heimleiterin Gisela Gerlach-Wiegmann. Sie leitet das Haus seit 15 Jahren. „Und schon als ich hier angefangen habe, war klar: ‚Wir bauen hier bald neu‘. Das hat dann aber doch noch eine Zeitlang gedauert.“ Der Grundstückstausch mit der Gemeinde Westerholt, die Bedenken der Anwohner, die Umweltverträglichkeit und die Finanzierung hatten viele Fragen aufgeworfen. Und da die ersten Planungen schon fast ein Jahrzehnt zurücklagen, als der neue Geschäftsführer der Seniorenhilfe SMMP, Frank Pfeffer, im Frühjahr 2017 seine Arbeit aufnahm, stand noch einmal alles auf dem Prüfstand. Aber die neue Machbarkeitsstudie zeigte, dass der Neubau trotz aller Hürden, die zu nehmen sind, weniger Risiken birgt als eine Sanierung des Altbaus.
Bewohner verfolgen den Baufortschritt
So ging es im Sommer 2019 endlich los: mit Baumfäll-Arbeiten, der Bombensuche des Kampfmittelräumdienstes und dem Bohren hunderter Löcher, um das Fundament vorzubereiten. Erst seit dem Herbst wird in die Höhe gebaut: „Und dann ging es auf einmal rasend schnell“, erklärt Gisela Gerlach-Wiegmann mit dem Blick aus dem Fenster ihres Büros. Der Rohbau ist 20 Meter Luftlinie entfernt und bereits fertig. Der Kran, der das Gelände monatelang überragte, ist inzwischen abgebaut.
Aufmerksam verfolgen auch die Bewohnerinnen und Bewohner, wie es voran geht. Wenn Monika Jaeschke auf dem Balkon ihres Zimmers frische Luft schnappt und von der vierten Etage auf den zweigeschossigen Neubau blickt, lugt dahinter ihr Haus hervor, in dem sie früher wohnte. „Ich wünsche mir ja, dass ich das von meinem neuen Zimmer auch sehen kann“, sagt sie erwartungsfroh. Am liebsten wäre ihr ein Raum auf der Südseite im ersten Stock.
Mit Bedauern hat sie schon festgestellt, dass die neuen Zimmer keinen Balkon haben. „Aber dafür bekommen die Wohnbereiche Terrassen. Und wir haben dann einen schönen, neu angelegten Garten“, sagt die Auszubildende Nadine Grelewicz. Ihr Lächeln verrät Vorfreude auf den Umzug. Die 19-Jährige macht in diesem Sommer ihr Altenpflege-Examen und wird im Haus St. Martin übernommen. Daher verfolgt sie die Fortschritte des Neubaus mit derselben Aufmerksamkeit.
Barrierefrei, heller, geräumiger
Der wird sehr viel heller, geräumiger und gemütlicher als der Altbau. Von der Architektur her ist er für demenziell veränderte Menschen optimiert, komplett barrierefrei und nach dem Wohngruppenmodell konzipiert. Das heißt, schon für jeweils zwölf Bewohnerinnen und Bewohner wird es eigene Wohnküchen und Aufenthaltsräume geben.
Gisela Gerlach-Wiegmann weiß um die vielen Vorteile, steht aber auch noch vor großen Herausforderungen. Das neue Haus hat dann nur noch 80 statt 123 Plätze. „Entsprechend müssen wir die Belegung jetzt schon zurückfahren und Personal abbauen.“ Beides gelinge dank vorausschauender Planung ohne Kündigungen. Das liegt auch an dem Einrichtungsverbund, zu dem die beiden Martinus ambulanten Dienste in Herten und in Westerholt, die Martinus Tagespflege und die neu entstandenen Senioren-Wohngemeinschaften mit 24 Plätzen gehören. „Vier Männer, die hier gut miteinander auskamen, sind beispielsweise in die WG gezogen“, erläutert die Heimleiterin. Auch habe die WG Personal übernommen. Und der ambulante Dienst nehme aufgrund steigender Kundenzahlen ebenfalls Fachkräfte auf.
Im alten Haus St. Martin sind die oberen beiden Etagen durch den derzeitigen Belegungs-Stopp bereits leer gezogen. Aus drei Wohnbereichen wurden zwei gemacht. „Das entspricht der künftigen Struktur. Dafür haben wir die Teams neu zusammengestellt. So befinden wir uns schon im Probelauf für den Neubau“, sagt Gisela Gerlach-Wiegmann.
Die Seniorinnen und Senioren habe man nach den Umzügen innerhalb des Altbaus so umverteilt, dass diejenigen, die sich besser kennen, zusammenbleiben. Bis zum Jahresende sei alles soweit umorganisiert, dass alle Bewohnerinnen und Bewohner im neuen Haus einen Platz erhalten, verspricht die Leiterin.
Ständig klingelt in ihrem Büro das Telefon. Viele Anrufe kommen wegen der Baustelle gegenüber. Manche Angehörige wollen auch schon wissen, welches Zimmer für ihre Mutter, ihren Vater, ihre Tante oder ihren Onkel vorgesehen ist. Schwierig ist natürlich umzusetzen, dass jeder sein Wunschzimmer bekommt. „Aber wer hat das schon in dem jetzigen Altbau?“, fragt Gisela Gerlach-Wiegmann. Dort müssten sich Senioren, die neu einziehen, für ein frei gewordenes Zimmer entscheiden. Jetzt aber äußern alle ihre Vorstellungen. „Zum Beispiel wollen ganz viele in die obere Etage“, hat sie wahrgenommen. Dabei biete das Erdgeschoss doch große Vorteile: etwa durch den großen Garten, in den man von unten aus viel einfacher gelange. Eigentlich sei jedes Zimmer im Neubau schöner als die bestehenden im Altbau. Im Vergleich müsste also eigentlich jedes ein „Lieblingszimmer“ sein.
Bald im Ruhestand
Aber sie weiß: „Das gibt noch Diskussionen.“ Sie muss sie allerdings nicht mehr führen. Denn Ende Mai geht Gisela Gerlach-Wiegmann in Ruhestand. Auch das wird aufgrund der Corona-Situation wohl ohne große Abschieds-Feier geschehen. Aber die Nachfolgerin ist schon gefunden. „Und wir versuchen noch vor der Übergabe möglichst viel zu regeln“, verspricht die Heimleiterin, die vor 15 Jahren dachte, dass der Umzug bis 2020 längst gelaufen ist – denn da hieß es ja schon: „Wir bauen bald neu.“